Montag, 4. Juli 2011
MISPWOSO1 präsentiert: 1. Korinther 5
Ist Ausschluss biblisch?
In 1.Korinther 5 wird eine Lehre präsentiert, die vielen Kirchen peinlich ist, da sie (nach ihrer Meinung) nicht in die heutige Zeit passt: die Exkommunikation. Zeugen Jehovas hingegen akzeptieren diese Lehre als biblisch und versuchen sie zu befolgen. Diese Haltung wird allerseits kritisiert. Diese Kritik erstreckt sich manchmal sogar darauf zu behaupten, dass der genannte Text keine Grundlage für die Lehre der Zeugen Jehovas hergibt. Als Grund hierfür werden manchmal genannt, dass das Kontaktverbot nur "Liebesmahle" (und in Erweiterung damit alle gottesdienstlichen Veranstaltungen) betrifft und nicht auf das "normale" Leben außerhalb des Gottesdienstes angewendet werden kann.

Ein Problem dabei ist, dass diejenigen, die dieses Argument machen oder akzeptieren, anscheinend nicht den Kontext lesen, ansonsten wäre ihnen klar, dass dies offensichtlicher(!) Unsinn ist, wie ich im folgenden kurz zeigen werde. Zuerst aber der Text im Zusammenhang (aus der Einheitsübersetzung):
9 Ich habe euch in meinem Brief ermahnt, dass ihr nichts mit Unzüchtigen zu schaffen haben sollt.
10 Gemeint waren damit nicht alle Unzüchtigen dieser Welt oder alle Habgierigen und Räuber und Götzendiener; sonst müsstet ihr ja aus der Welt auswandern.
11 In Wirklichkeit meinte ich damit: Habt nichts zu schaffen mit einem, der sich Bruder nennt und dennoch Unzucht treibt, habgierig ist, Götzen verehrt, lästert, trinkt oder raubt; mit einem solchen Menschen sollt ihr nicht einmal zusammen essen.
12 Ich will also nicht Außenstehende richten - ihr richtet ja auch nur solche, die zu euch gehören -,
13 die Außenstehenden wird Gott richten. Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte!

Worauf bezieht sich die Kontakteinschränkung?

Diejenigen, die meinen, dass die geschilderte Kontakteinschränkung sich auf (nur) Gottesdienste bezieht, gehen von dem Satz aus mit einem solchen Menschen sollt ihr nicht einmal zusammen essen, und spekulieren dann darüber, was genau Paulus damit gemeint haben könnte. Derartige Überlegungen sind allerdings überhaupt nicht erforderlich, da in den Versen 9.10 Paulus exakt beschreibt, was er meint; möglicherweise aus diesem Grund werden genau diese Verse bei allen Überlegungen zur genauen Bedeutung dann auch unter den Tisch fallen gelassen.

Paulus sagt nämlich mit anderen Worten: Wenn ihr diese Kontakteinschränkung gegenüber allen nichtchristlichen Sündern praktizieren wolltet, dann müsstet ihr die Welt verlassen! Das kann kann sich nicht auf den Gottesdienst beziehen, denn dort hatten Christen ohnehin keinen nennenswerten Kontakt mit Nichtchristen. Dieser Kontakt fand ausschließlich im Privatleben außerhalb der Gemeinde statt. Deswegen bezieht sich Paulus hier klar auf Kontakte im alltäglichen Leben. Und die Einschränkung ist so stark, dass man komplett die Gesellschaft von Nichtchristen verlassen müsste, wenn man diese Form von Kontakteinschränkung ihnen gegenüber praktizieren wollte; mit anderen Worten: diese Kontakteinschränkung war so weitgehend, dass sie einem Kontaktabbruch im normalen Leben bedeutete.

Und es gibt keinen Anlass zu vermuten, dass sich dies innerhalb dieses Gedankengangs in den folgenden Versen irgendwie ändert. Damit ist die Kontakteinschränkung gegenüber denen, die aus der Christenversammlung ausgeschlossen werden ein weitgehend vollständiger Kontaktabbruch, der das Privatleben außerhalb der Gottesdienste mit einschloss.

Um dieser Schlussfolgerung zu entgehen, könnte man zwei Dinge tun: zum einen könnte man nachweisen, dass die oben genannte Schlussfolgerung falsch ist und zeigen, dass Paulus hier mit demselben Begriff innerhalb eines Argumentes zwei unterschiedliche Dinge meinte; sollte jemand ein sinnvolles Argument hierzu machen, wäre ich daran interessiert, es zu sehen. Oder man könnte einfach die Verse 9.10 ignorieren und so tun, als würde es diesen Teil des Gedankengangs in 1.Korinther 5 nicht geben; das ist natürlich kein aufrichtiges Argument mehr, und deshalb keiner weiteren Aufmerksamkeit wert.

Wenn man den Kontext liest und nicht nur ausgewählte Textfragmente zu Wort kommen lässt, dann ist es überraschend offensichtlich, was Paulus hier mit der Kontakteinschränkung meinte.
1 Maximegalon Institute of Slowly and Painfully Working Out the Surprisingly Obvious (Das Maximegalon-Institut, um langsam und schmerzhaft das überraschend offensichtliche herauszufinden)

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