Freitag, 12. Februar 2010
Hebräer 1,10 - Regelverstoß in der NWÜ?
hgp, 15:25h
Kürzlich begegnete mir folgende Kritik der Neuen-Welt-Übersetzung:
Das erste Problem besteht darin, dass die "Übersetzungsregel" nicht korrekt wiedergegeben wurde ("Übersetzungsprinzip" würde den Kern der Sache ohnehin besser treffen). In der Realität lautet das Prinzip nämlich salopp formuliert: "ersetze in AT-Zitaten 'kyrios' durch 'Jehova', wenn in der entsprechenden Stelle im AT auch 'Jehova' steht!"
Wer aber Psalm 102, 26 (Vers 25 in der NWÜ) liest, findet dort: "Vor langem hast du sogar die Grundlagen der Erde gelegt, Und die Himmel sind das Werk deiner Hände." Kein Wort von einem Herrn oder von Jehova. Und genau aus diesem Grund kann man das o.g. Übersetzungsprinzip auch nicht anwenden, um in Hebräer 1,10 "Jehova" einzusetzen, da es in der Zitatvorlage nämlich gar nicht vorkommt.
Wieso aber unterscheidet sich das Zitat hier vom Original? Aus dem einfachen Grund, dass der Hebräerbrief üblicherweise aus der Septuaginta zitiert, die an einigen Stellen von dem hebräischen Text abweicht, auf dem unsere heutigen Bibelübersetzungen der Psalmen beruhen. Wer den Text in der Septuaginta nachliest, stellt fest, dass dort der Schluss von Psalm 102 etwas anders lautet. Hier zum Vergleich die NWÜ und meine eigene Übersetzung des Septuagintatextes (Verszählung nach der EB; aufgrund der verschiedenen Zählungen der Psalmen findet man den Text in der LXX unter 101,23-25, in der NWÜ unter 102,23-25 und in der EB unter 102,24-26):
Wie man sieht, enthält der hebräische Text und damit auch die NWÜ ein Gespräch zwischen dem Psalmisten und Gott; im Gegensatz dazu berichtet der Psalmist in der Septuaginta von einem Gespräch zwischen zwei ungenannten Personen und vermeidet die Anrede "Gott", die im hebräischen Text enthalten ist. Es ist daher nicht einmal klar, ob der Text in der Septuaginta sich nicht direkt auf den Messias bezieht anstatt auf Gott.
Bis heute hat niemand ein Manuskript dieses Psalms, der an der fraglichen Stelle das Wort "Jehova" in irgendeiner Form enthält, weder auf hebräisch, noch auf griechisch. Somit ist es vollkommen richtig und in Übereinstimmung mit den Übersetzungsprinzipien der NWÜ, in Hebräer 1,10 nicht "Jehova" zu schreiben. Dafür sind keinerlei unbegründete Spekulationen darüber erforderlich, was den Übersetzern möglicherweise "zu eindeutig" gewesen wäre. Es reicht aus, die entsprechenden Verse in ihrem Kontext zu lesen.
In Hebräer 1,10 [...] gibt [die NWÜ] urtextgetreu wieder: „Du, Herr (der Herr Jesus, siehe Zusammenhang), hast im Anfang die Erde gegründet, und die Himmel sind Werke deiner Hände.“ Dies ist ein Zitat aus Psalm 102,26, und gemäß der NWÜ-Ersetzungsregel („ersetze in AT-Zitaten kyrios durch Jehova“) hätte hier konsequenterweise wieder „Jehova“ eingesetzt werden müssen - aber das wäre wohl zu eindeutig gewesen.Hat die NWÜ hier gegen eine "Übersetzungsregel" verstoßen oder gibt es einen sachlichen Grund, hier "kyrios"="Herr" nicht durch "Jehova" zu ersetzen?
Das erste Problem besteht darin, dass die "Übersetzungsregel" nicht korrekt wiedergegeben wurde ("Übersetzungsprinzip" würde den Kern der Sache ohnehin besser treffen). In der Realität lautet das Prinzip nämlich salopp formuliert: "ersetze in AT-Zitaten 'kyrios' durch 'Jehova', wenn in der entsprechenden Stelle im AT auch 'Jehova' steht!"
Wer aber Psalm 102, 26 (Vers 25 in der NWÜ) liest, findet dort: "Vor langem hast du sogar die Grundlagen der Erde gelegt, Und die Himmel sind das Werk deiner Hände." Kein Wort von einem Herrn oder von Jehova. Und genau aus diesem Grund kann man das o.g. Übersetzungsprinzip auch nicht anwenden, um in Hebräer 1,10 "Jehova" einzusetzen, da es in der Zitatvorlage nämlich gar nicht vorkommt.
Wieso aber unterscheidet sich das Zitat hier vom Original? Aus dem einfachen Grund, dass der Hebräerbrief üblicherweise aus der Septuaginta zitiert, die an einigen Stellen von dem hebräischen Text abweicht, auf dem unsere heutigen Bibelübersetzungen der Psalmen beruhen. Wer den Text in der Septuaginta nachliest, stellt fest, dass dort der Schluss von Psalm 102 etwas anders lautet. Hier zum Vergleich die NWÜ und meine eigene Übersetzung des Septuagintatextes (Verszählung nach der EB; aufgrund der verschiedenen Zählungen der Psalmen findet man den Text in der LXX unter 101,23-25, in der NWÜ unter 102,23-25 und in der EB unter 102,24-26):
Vers | NWÜ | LXX |
---|---|---|
24 | Auf dem Weg beugte er meine Kraft, Er verkürzte meine Tage. | Er antwortete ihm im Weg seiner Stärke: Verkünde mir die Kleinheit meiner Tage. |
25 | Ich sprach dann: „O mein Gott, Nimm mich nicht weg in der Hälfte meiner Tage; Deine Jahre währen durch alle Generationen hindurch. | Nimm mich nicht weg in der Mitte meiner Tage in die Generationen der Generationen sind deine Jahre |
26 | Vor langem hast du sogar die Grundlagen der Erde gelegt, Und die Himmel sind das Werk deiner Hände. | Im Anfang hast du, Herr, die Erde gegründet, und die Werke deiner Hände sind die Himmel. |
Wie man sieht, enthält der hebräische Text und damit auch die NWÜ ein Gespräch zwischen dem Psalmisten und Gott; im Gegensatz dazu berichtet der Psalmist in der Septuaginta von einem Gespräch zwischen zwei ungenannten Personen und vermeidet die Anrede "Gott", die im hebräischen Text enthalten ist. Es ist daher nicht einmal klar, ob der Text in der Septuaginta sich nicht direkt auf den Messias bezieht anstatt auf Gott.
Bis heute hat niemand ein Manuskript dieses Psalms, der an der fraglichen Stelle das Wort "Jehova" in irgendeiner Form enthält, weder auf hebräisch, noch auf griechisch. Somit ist es vollkommen richtig und in Übereinstimmung mit den Übersetzungsprinzipien der NWÜ, in Hebräer 1,10 nicht "Jehova" zu schreiben. Dafür sind keinerlei unbegründete Spekulationen darüber erforderlich, was den Übersetzern möglicherweise "zu eindeutig" gewesen wäre. Es reicht aus, die entsprechenden Verse in ihrem Kontext zu lesen.
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