Mittwoch, 28. April 2010
Adam, Eva und Ethik (I)
hgp, 16:41h
Welchen Sinn hat die Geschichte von Adam, Eva und dem Baum? Wenn man Atheisten (und andere religions- oder bibelkritische Mitmenschen) fragt, dann bekommt man häufig als Antwort: keinen (z.B. hier). In dem verlinkten Artikel werden (z.T. sehr polemisch) folgende Gründe dafür genannt:
Das führt natürlich dazu, dass unterschiedliche Personen ihre unterschiedlichen Ansichten in die Geschichten der Bibel hineinlesen. Wenn man unterstellt, dass es sich bei der Bibel einfach um eine Sammlung von Geschichten handelt, dann ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, wenn allerdings die Bibel das Wort Gottes ist, dann ist es natürlich wichtig, die korrekten Annahmen zu treffen, um die Botschaft Gottes richtig zu erfassen.
Das wirft natürlich die Frage auf, warum Gott eine Botschaft an die Menschen verfasst, bei der man viele Informationen selbst ergänzen muss (hier nehmen wir mal alle an, dass die Bibel von Gott stammt, sonst ergibt die Frage keinen Sinn). Führt das nicht zu einem heillosen Chaos? Viele Atheisten gehen sogar einen Schritt weiter und sagen, dass dies ein Beweis sei, dass die Bibel nicht von Gott kommen könne, da sie beliebig verstehbar ist. Jeder kann sich seinen Sinn hineinlesen, der ihm gefällt.
Meiner Meinung nach gibt es zwei Punkte, die hierbei meist außer Acht gelassen werden: Zum einen wurden die Bibeltexte vor mehreren Jahrtausenden in einer uns fremden Kultur geschrieben und enthält daher Elemente, die uns fremd sind. Dies einfach zu ignorieren und (sozusagen) zu sagen: "Gott muss aber so schreiben, dass es für MICH einfach ist", lässt außer Acht, dass die Bibel nicht NUR für uns geschrieben wurde, sondern für alle Menschen aller Zeitalter und Kulturen. Wenn man bedenkt, wie fremd die Zeit und Kultur der alten Hebräer uns ist, dann ist es erstaunlich, wie viel wir überhaupt verstehen können.
Gott hätte natürlich die Bibel gleich so schreiben lassen können, dass sie für den Menschen des 21. Jahrhunderts verständlich ist und sie dann über Jahrtausende durch ständiges Eingreifen bewahren können. Er hat sich aber dafür entschieden die Bibel durch ständiges abschreiben überliefern zu lassen, und hierfür ist es erforderlich, dass jede Generation die Bibel gut genug versteht, um sie weiter überliefern zu können. Uns stehen alle Hilfsmittel zur Verfügung, um die Bibel auch so zu verstehen, wenn wir denn wollen. Seit fast 2000 Jahren wusste keine Generation so viel über die Kultur der alten Hebräer wie wir. Es ist aber unsere Sache, ob wir dieses Wissen einsetzen oder ignorieren wollen.
Zum zweiten ist es durchaus möglich, dass die Bibel absichtlich nicht alle Informationen enthält, die wir uns wünschen. Nach Hebräer 4,12 (NL) "durchdringt [das Wort Gottes] unsere innersten Gedanken und Wünsche. Es deckt auf, wer wir wirklich sind". Wer die Bibel liest, deckt automatisch auf, wie er denkt; je nachdem, wie er die "fehlenden" Details und Hintergrundinformationen ergänzt, zeigt er, was und wie er über Gott und seine Mitmenschen so denkt. Deswegen überrascht es mich wenig, wenn diejenigen, die der Bibel (bzw. der Religion, von der sie meinen, dass sie dahinter steht) gegenüber negativ eingestellt sind dort vorwiegend negatives finden während Gläubige dort IHREN Glauben bestätigt finden.Wer die Bibel für das Wort Gottes hält, wird sie als Wort Gottes akzeptieren, wer meint, dass Gott nicht existiert, wird die Bibel als "Märchenbuch" betrachten.
Die Schlussfolgerung daraus ist: wenn man die Bibel verstehen will, dann muss man sich als ersten Schritt bewusst machen, was wirklich dort steht und welche Annahmen ich als Leser bewusst oder unbewusst treffe. Dann muss ich mich fragen, nach welchen Kriterien ich überhaupt Annahmen treffen kann. Dieser Schritt wird leider selten gemacht. Die eigenen Annahmen werden einfach als gegeben vorausgesetzt. Außerdem muss man berücksichtigen, in welcher Sprache und kulturellen Umgebung die Bibel verfasst wurde, anstatt anzunehmen, dass die Bibel von einem Akademiker in den letzten zehn Jahren auf deutsch oder englisch geschrieben wurde.
Ich will das im folgenden versuchen. Ich will sowohl meine Annahmen als auch die Annahmen des oben verlinkten Textes transparent machen. Ob man diese Annahmen akzeptiert oder nicht, ist dann jedermanns eigene Entscheidung.
"erkennen" kann sich u.a. auf ein intimes Begreifen beziehen, entweder konkret im Fall von Mann und Frau, oder abstrakt im Falle des Baumes. Ähnlich, wie Adam wusste, wer seine Frau war, bevor er sie "erkannte", konnten auch Adam und Eva wissen, was gut und böse ist, bevor sie gut und böse "erkannten". Sinnvoll zum Text passt die Annahme, dass es um das festlegen ethischer Grundsätze geht.
Mit dem Baum und dem zugehörigen Verbot hat Gott folgende Aussage in eine begreifbare Form gebracht: Zum zusammenleben verschiedener Wesen ist es nötig, dass sich alle an EINE Sammlung ethischer Grundsätze halten, diese Grundsätze sind diejenigen, die Gott festgelegt hat und er sorgt auch für ihre Beachtung. Jeder, der von dem Baum wusste und nicht aß, machte klar, dass er Gottes Ethik und sein Recht die Ethik festzulegen anerkannt. Wer den Baum kannte und aß, sagte: Gottes Ethik ist nicht sinnvoll, Ich nehme mir das Recht, meine Ethik selbst festzulegen. Adam und Eva kannten vorher bereits die ethischen Grundsätze, die Gott aufgestellt hatte, aber sie entschieden sich, ihre eigene Meinung in dieser Frage über Gottes Meinung zu stellen. Adam und Eva konnten daher genau wissen, was gut und böse war, aber bevor sie die Frucht von dem Baum aßen, konnten sie keine eigenen ethischen Grundsätze unabhängig von Gott aufstellen. Diese Erklärung hat den Vorzug, dass sie zur Bedeutung des hebräischen besser passt und dass sie zur Geschichte besser passt, als die Annahme, dass Adam und Eva keinen blassen Schimmer hatten, was richtig und falsch ist.
Das war genug gedacht für diese Woche, nächste Woche geht's weiter...
- Gott hat die Menschen mit Fehlern erschaffen
- Gott hat die Menschen selbst zur Sünde verleitet und wollte dies auch
- Adam und Eva konnten nicht wissen, was gut und böse ist
- Aufgrund seiner Allwissenheit hat Gott bereits vorab gewusst, wie die Menschen sich entscheiden
- Gott bestraft ungerechterweise Adams Nachkommen für seine Sünde
- Die Strafe steht in keinem Verhältnis zur (leichten) Sünde
- Die Strafen waren barbarisch
Grundsätzliche Überlegungen
Es ist ein Merkmal vieler biblischer Berichte, dass wenig über Hintergründe des Geschehen berichtet wird und wenig über die Gedanken und Absichten der Handelnden. Statt dessen wurde erwartet, dass der Leser diese Dinge selbst ergänzt. Z.B. lässt unsere Geschichte unerwähnt, warum Menschen Schwächen haben. Unsere oben verlinkte Seite trifft dazu bestimmte Annahmen. Ich treffe (wie wir gleich sehen) ganz andere Annahmen.Das führt natürlich dazu, dass unterschiedliche Personen ihre unterschiedlichen Ansichten in die Geschichten der Bibel hineinlesen. Wenn man unterstellt, dass es sich bei der Bibel einfach um eine Sammlung von Geschichten handelt, dann ist es eine Frage des persönlichen Geschmacks, wenn allerdings die Bibel das Wort Gottes ist, dann ist es natürlich wichtig, die korrekten Annahmen zu treffen, um die Botschaft Gottes richtig zu erfassen.
Das wirft natürlich die Frage auf, warum Gott eine Botschaft an die Menschen verfasst, bei der man viele Informationen selbst ergänzen muss (hier nehmen wir mal alle an, dass die Bibel von Gott stammt, sonst ergibt die Frage keinen Sinn). Führt das nicht zu einem heillosen Chaos? Viele Atheisten gehen sogar einen Schritt weiter und sagen, dass dies ein Beweis sei, dass die Bibel nicht von Gott kommen könne, da sie beliebig verstehbar ist. Jeder kann sich seinen Sinn hineinlesen, der ihm gefällt.
Meiner Meinung nach gibt es zwei Punkte, die hierbei meist außer Acht gelassen werden: Zum einen wurden die Bibeltexte vor mehreren Jahrtausenden in einer uns fremden Kultur geschrieben und enthält daher Elemente, die uns fremd sind. Dies einfach zu ignorieren und (sozusagen) zu sagen: "Gott muss aber so schreiben, dass es für MICH einfach ist", lässt außer Acht, dass die Bibel nicht NUR für uns geschrieben wurde, sondern für alle Menschen aller Zeitalter und Kulturen. Wenn man bedenkt, wie fremd die Zeit und Kultur der alten Hebräer uns ist, dann ist es erstaunlich, wie viel wir überhaupt verstehen können.
Gott hätte natürlich die Bibel gleich so schreiben lassen können, dass sie für den Menschen des 21. Jahrhunderts verständlich ist und sie dann über Jahrtausende durch ständiges Eingreifen bewahren können. Er hat sich aber dafür entschieden die Bibel durch ständiges abschreiben überliefern zu lassen, und hierfür ist es erforderlich, dass jede Generation die Bibel gut genug versteht, um sie weiter überliefern zu können. Uns stehen alle Hilfsmittel zur Verfügung, um die Bibel auch so zu verstehen, wenn wir denn wollen. Seit fast 2000 Jahren wusste keine Generation so viel über die Kultur der alten Hebräer wie wir. Es ist aber unsere Sache, ob wir dieses Wissen einsetzen oder ignorieren wollen.
Zum zweiten ist es durchaus möglich, dass die Bibel absichtlich nicht alle Informationen enthält, die wir uns wünschen. Nach Hebräer 4,12 (NL) "durchdringt [das Wort Gottes] unsere innersten Gedanken und Wünsche. Es deckt auf, wer wir wirklich sind". Wer die Bibel liest, deckt automatisch auf, wie er denkt; je nachdem, wie er die "fehlenden" Details und Hintergrundinformationen ergänzt, zeigt er, was und wie er über Gott und seine Mitmenschen so denkt. Deswegen überrascht es mich wenig, wenn diejenigen, die der Bibel (bzw. der Religion, von der sie meinen, dass sie dahinter steht) gegenüber negativ eingestellt sind dort vorwiegend negatives finden während Gläubige dort IHREN Glauben bestätigt finden.Wer die Bibel für das Wort Gottes hält, wird sie als Wort Gottes akzeptieren, wer meint, dass Gott nicht existiert, wird die Bibel als "Märchenbuch" betrachten.
Die Schlussfolgerung daraus ist: wenn man die Bibel verstehen will, dann muss man sich als ersten Schritt bewusst machen, was wirklich dort steht und welche Annahmen ich als Leser bewusst oder unbewusst treffe. Dann muss ich mich fragen, nach welchen Kriterien ich überhaupt Annahmen treffen kann. Dieser Schritt wird leider selten gemacht. Die eigenen Annahmen werden einfach als gegeben vorausgesetzt. Außerdem muss man berücksichtigen, in welcher Sprache und kulturellen Umgebung die Bibel verfasst wurde, anstatt anzunehmen, dass die Bibel von einem Akademiker in den letzten zehn Jahren auf deutsch oder englisch geschrieben wurde.
Ich will das im folgenden versuchen. Ich will sowohl meine Annahmen als auch die Annahmen des oben verlinkten Textes transparent machen. Ob man diese Annahmen akzeptiert oder nicht, ist dann jedermanns eigene Entscheidung.
Der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse
Hierüber lesen wir im verlinkten Text:Woher sollten Adam und Eva wissen, was «Gut» und «Böse» ist, ohne dass sie vorher die Frucht «vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse»? Ohne die Erkenntnis von Gut und Böse konnten sie nicht einmals wissen, dass das, was sie taten nicht gut war.Hier sehen wir einen der zwei Kardinalfehler: es wird so getan, als sei der Text auf deutsch geschrieben. Wenn wir uns aber das Wort "Erkenntnis" und seine Ableitungen im Hebräischen Original ansehen, dann stellen wir fest, dass es mit unserem "erkennen" nur teilweise übereinstimmt. Als Beispiel kann 1.Mose 4,1 dienen: Und der Mensch erkannte seine Frau Eva, und sie wurde schwanger und gebar Kain. Eva wurde mit Sicherheit nicht davon schwanger, dass ihr Mann sagte: "das bist ja du!" Auch wäre es seltsam anzunehmen, dass Adam erst hier seine Frau identifizieren konnte, da er ihr vorher bereit einen Namen gab. Daher bleibt als Schlussfolgerung, dass "erkennen" in der Bibel mehr ist als im heutigen Deutsch; es hat ein weiteres Bedeutungsspektrum, das natürlich auch "erkennen" mit einschließt.
"erkennen" kann sich u.a. auf ein intimes Begreifen beziehen, entweder konkret im Fall von Mann und Frau, oder abstrakt im Falle des Baumes. Ähnlich, wie Adam wusste, wer seine Frau war, bevor er sie "erkannte", konnten auch Adam und Eva wissen, was gut und böse ist, bevor sie gut und böse "erkannten". Sinnvoll zum Text passt die Annahme, dass es um das festlegen ethischer Grundsätze geht.
Mit dem Baum und dem zugehörigen Verbot hat Gott folgende Aussage in eine begreifbare Form gebracht: Zum zusammenleben verschiedener Wesen ist es nötig, dass sich alle an EINE Sammlung ethischer Grundsätze halten, diese Grundsätze sind diejenigen, die Gott festgelegt hat und er sorgt auch für ihre Beachtung. Jeder, der von dem Baum wusste und nicht aß, machte klar, dass er Gottes Ethik und sein Recht die Ethik festzulegen anerkannt. Wer den Baum kannte und aß, sagte: Gottes Ethik ist nicht sinnvoll, Ich nehme mir das Recht, meine Ethik selbst festzulegen. Adam und Eva kannten vorher bereits die ethischen Grundsätze, die Gott aufgestellt hatte, aber sie entschieden sich, ihre eigene Meinung in dieser Frage über Gottes Meinung zu stellen. Adam und Eva konnten daher genau wissen, was gut und böse war, aber bevor sie die Frucht von dem Baum aßen, konnten sie keine eigenen ethischen Grundsätze unabhängig von Gott aufstellen. Diese Erklärung hat den Vorzug, dass sie zur Bedeutung des hebräischen besser passt und dass sie zur Geschichte besser passt, als die Annahme, dass Adam und Eva keinen blassen Schimmer hatten, was richtig und falsch ist.
Das war genug gedacht für diese Woche, nächste Woche geht's weiter...
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