Montag, 27. Juli 2009
Verfassungsfeinde?
Nach diesem Bericht wollen einige Landtagsfraktionen jetzt den Verfassungsschutz nach Beweisen für die Verfassungsfeindlichkeit von Zeugen Jehovas suchen lassen:
Mappus und Rülke dringen darauf, nach Beweisen zu suchen, dass die Zeugen Jehovas nicht auf dem Boden der Verfassung stehen. [...] Bei der Prüfung solle nun auch der Verfassungsschutz hinzugezogen werden. Es müssten Anhaltspunkte gesucht werden, um im Fall einer Klage der Zeugen den Prozess zu gewinnen.
Vor einem Monat hatte derselbe Herr Mappus hatte bereits vor einem Monat erklärt, dass Zeugen Jehovas "doch gerade nicht auf dem Boden der Verfassung" stünden. Die Reihenfolge ist natürlich sehr interessant. Zuerst "weiß" er, dass Zeugen Jehovas nicht verfassungskonform sind; und einen Monat später fällt ihm ein, dass man ja vielleicht noch ein oder zwei Beweise dafür braucht.

Aber wir können ja das Wort "Vorurteil" buchstabieren. {/scherz}

Dieser Blog weißt auf ein weiteres Detail hin:
Die Regierungsfraktionen mußten sich durch den Sprecher des Landesamtes für Verfassungsschutz darüber belehren lassen, die Möglichkeit einer Sammlung und Auswertung von Informationen über eine Organisation bestehe nur dann, wenn dieser "ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweisen nachgewiesen werden, die darauf gerichtet sind, einen wesentlichen Verfassungsgrundsatz zu beseitigen oder außer Kraft zu setzen".
Also noch mal: Es gibt rechtskräftige Urteile de BVG und des OVG Berlin sowie des BVerwG, die klarstellen, nach welchen Maßstäben Zeugen Jehovas beurteilt werden müssen, wenn sie einen Antrag stellen, als K.d.ö.R. anerkannt zu werden, und die klarstellen, dass Zeugen Jehovas diesen Kriterien entsprechen.

Seit Anfang der neunziger Jahre prüfen die deutschen Behörden Zeugen Jehovas auf rechts- und verfassungskonformes Verhalten und bis heute konnte nichts relvantes gefunden werden.

Woher nehmen die Politiker also auch nur einen Anfangsverdacht, der zu Prüfung durch den Verfassungsschutz berechtigen würde? ... Ich glaube ich weiß es. Wir wissen ja, welches Wort wir alle buchstabieren können...

Prüfungen durch den Verfassungsschutz sind natürlich mit erheblichen Eingriffen in die verfassungsmäßigen Grundrechte des Beobachteten verbunden. Wer also solche Beobachtungen anordnet oder verlangt, ohne Hinweise zu haben, missachtet die varfassungsmäßige Ordnung ganz massiv. Wir sind ja vielleicht noch nicht ganz dort angekommen, wo Politiker den Geheimdienst für ihre persönliche Zwecke missbrauchen, aber was die Abgeordneten in BW fordern, ist da schon gefährlich nah dran.

Was lernt der Bürger aus diesem Vorgang? Habe immer eine Meinung, die "denen da oben" genehm ist, sonst kriegst du Besuch vom Geheimdienst. Irgendwie erinnert mich das an den uralten Witz aus dem Jahr 1990:
Die Wende ist Teil eines genialen Planes der DDR-Führung, um das DDR-System auf ganz Deutschland zu verbreiten. Und das beste daran ist: Die ganze Arbeit erledigt der Klassenfeind.
In letzter Zeit sieht es sogar so aus, als ob das ganze ernst gemeint war.

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