Donnerstag, 26. Januar 2012
Rheinland-Pfalz: Zeugen Jehovas gewinnen vor dem Verwaltungsgericht
Nach dieser ersten Meldung der Rhein-Zeitung hat das Verwaltungsgericht Mainz bereits heute entschieden, dass Zeugen Jehovas auch in Rheinland-Pfalz als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt werden müssen. (Und natürlich wird auch in diesem Zeitungsartikel wieder das Märchen von den Zeugen Jehovas im Rundfunkrat verbreitet)

Hier wurde folgender nette Satz geschrieben:
Fundamentale Verfassungsprinzipien würden von der Gemeinschaft beachtet und eingehalten, begründete das Gericht seine Entscheidung.
Es hat damit den Anschein, dass die Faktenlage für das Gericht so klar war, dass keine langwierige Beratung für das Urteil notwendig war.

Was noch nicht klar ist: Wird das Land das Urteil anerkennen oder in die Berufung gehen? Aber das werden wir in den nächsten Wochen sehen, spätestens wenn die Urteilsbegründung versendet wird und die Frist zum Einlegen der Berufung abläuft.

Ein weiteres Detail aus dieser Meldung des ZDF:
In der rund zweistündigen Gerichtsverhandlung hatten Vertreter der Landesregierung versucht zu erreichen, dass ehemalige Mitglieder der Zeugen zu ihrem Schicksal befragt werden. In dem mehr als zehnjährigen bundesweit geführten Rechtsstreit seien niemals Aussteiger gehört worden, hatten sie argumentiert. Das Gericht entschied jedoch, dass eine weitere Beweiserhebung nicht notwendig sei.
Mich würde interessieren, warum genau das Gericht dies nicht als notwendig ansah.

Und hier lese ich:
Der Ablehnungsbescheid der Landesregierung habe keine tragfähige Begründung enthalten. Eine Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Damit wird das Verfahren wahrscheinlich erheblich abgekürzt, es sei denn, das Land erhebt eine Beschwerde wegen der Nichtzulassung.

Und bei T-Online lesen wir folgende Details:
Dass die Gemeinschaft nicht wie andere Kirchen im Gemeinwohl engagiert sei, spiele keine Rolle, hieß es weiter zur Begründung. Die "Gemeinwohldienlichkeit" sei nach einem Urteil des Bundesverfassungsgericht keine Voraussetzung für die Anerkennung.
Wie bereits die Woche geschrieben, war das ein offensichtlich unsinniger Ablehnungsgrund. Das Gericht hat das auch so gesehen.

Weiter schreibt T-Online:
Das Land wies außerdem auf einen Brief mit dem Briefkopf der Zeugen Jehovas hin, in dem Mitglieder der Religionsgemeinschaft aufgefordert wurden, Akten über Fälle von Kindesmissbrauch zu vernichten.

Die Religionsgemeinschaft bezeichnete den Brief als von Aussteigern erstellte Fälschung. Dies sei an mehreren Merkmalen in dem Schreiben erkennbar.
Offensichtlich gefälschtes Schreiben, auf das anscheinend Kurt Beck hereinfiel. Für Vergrößerung auf das Bild klicken
Von diesem Schreiben war im letzten Jahr öfters die Rede. Ich hatte im Internet folgendes Schreiben gefunden, auf das diese Beschreibung zutrifft und das offensichtlich (ziemlich ungeschickt) gefälscht sein muss.

Folgende Äußerung ist leider falsch:Rheinland-Pfalz ist das 14. Land, in dem die Zeugen Jehovas diesen Status erhalten. In Wirklichkeit handelt es sich um das 13. Land.
Kurt Beck ist mit der Ablehnung der Zeugen Jehovas (vorerst) gescheitert.
(Bildquelle: wikimedia)






















Auch eine Seite der evangelischen Kirche meldet sich hier zu Wort und weiß etwas zur Frage, wie das Land weiter vorgehen will:
Das für Kirchen und Religionsgemeinschaften zuständige Bildungs- und Kulturministerium hat sich noch nicht entschieden, ob es eventuell noch einen Antrag auf Zulassung der Berufung einlegen wird. Das Land nehme mit Bedauern zur Kenntnis, dass die eigenen Argumente in dem Verfahren offenbar nicht überzeugend genug gewesen seien, sagte Ministeriumssprecherin Yvonne Globert.
Damit werden wir weiter auf die Folter gespannt.

"Natürlich" wird hier wieder das Märchen vom Pakt mit dem Staat weiterverbreitet (siehe auch hier):
Mit Blick auf die Lehre der Zeugen Jehovas sei hingegen schwer nachzuvollziehen, warum diese überhaupt einen Pakt mit dem Staat eingingen.
Und dann kann ich noch positiv anmerken, dass die Allgemeine Zeitung im Gegensatz zu anderen bis 13 zählen kann:
Damit ist Rheinland-Pfalz das 13. Bundesland, in dem die Glaubensgemeinschaft nun den evangelischen und katholischen Kirchen gleichgestellt ist.

Und jetzt auch eine Presseerklärung der Zeugen Jehovas:
Jehovas Zeugen obsiegen gegen das Land

Verwaltungsgericht Mainz entscheidet: Auch Rheinland-Pfalz muss Jehovas Zeugen die Körperschaftsrechte verleihen

Selters/Taunus — Jehovas Zeugen haben seit 2006 bundesweit den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts inne. Seither wurde dieser Status in 11 weiteren Bundesländern auch nach Landesrecht bestätigt. Rheinland-Pfalz hat dies bis heute abgelehnt. Der Klage von Jehovas Zeugen vom 26. Februar 2011 gab das Verwaltungsgericht Mainz heute statt.

Mit heutigem Urteil hat das Verwaltungsgericht Mainz die einheitliche Rechtsanwendung in der Bundesrepublik wiederhergestellt. Damit sind Jehovas Zeugen nicht nur den beiden Großkirchen, sondern auch einer ganzen Reihe kleinerer Religionsgemeinschaften gleichgestellt. Anders als das Land konnte das Gericht keine Anhaltspunkte für begründete Zweifel an der Rechtstreue von Jehovas Zeugen erkennen.

Damit schloss sich das Verwaltungsgericht dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin an, das nach 12-jährigem Rechtsstreit den Zeugen Jehovas erstmalig die Körperschaftsrechte zuerkannt hatte. Schon damals sah das Gericht keine Anhaltspunkte für fehlende Rechtstreue von Jehovas Zeugen. Zu demselben Ergebnis kamen auch 11 weitere Bundesländer nach intensiver Prüfung. Diese schloss eine Abfrage aller Ministerien und Behörden bis hinunter zur Ebene der Schulen und Kindergärten ein. Anhaltspunkte für fehlende Rechtstreue von Jehovas Zeugen erbrachte diese groß angelegte Umfrage jedoch nicht. Das war auch in Rheinland-Pfalz nicht anders. Dass es dennoch nicht zu einer Anerkennung kam, dürfte auf politische Einflussnahme zurückzuführen sein. Ministerpräsident Kurt Beck hatte sich entsprechend gegenüber der Presse geäußert.

„Keine Religionsgemeinschaft in Deutschland ist jemals so intensiv auf ihr gesetzestreues Verhalten untersucht worden wie Jehovas Zeugen im Rahmen der Verfahren der Verleihung der Körperschaftsrechte. In unserem Fall stellt die Verleihung der Körperschaftsrechte deshalb tatsächlich ein Gütesiegel für unsere Rechtstreue dar“, freut sich Werner Rudtke, Sprecher des Zweigkomitees, des leitenden Gremiums der Religionsgemeinschaft. Rudtke weiter: „Ob einer solchen Prüfung wohl alle Religionsgemeinschaften standhalten könnten, die den Körperschaftsstatus bereits innehaben?“

In Rheinland-Pfalz waren Jehovas Zeugen im Jahr 1910 – damals noch als Bibelforscher bekannt – zuerst in Mainz aktiv. Heute sind über 10 000 Zeugen Jehovas mit den 99 Versammlungen (örtliche Gemeinden) in Rheinland-Pfalz verbunden.

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