Freitag, 17. Februar 2012
Bremen: Wie geht es weiter
hgp, 09:03h
Nachdem letztes Jahr Zeugen Jehovas das Bundesverfassungsgericht angerufen haben, um gegen die Entscheidung des Bremer Parlamentes vorzugehen, das ihnen den Körperschaftsstatus verweigerte, hat sich jetzt der Fraktionsvorsitzende der Grünen in Bremen zu Wort gemeldet, und eine falsche Fährte (von mir hervorgehoben) gelegt:
Spannend ist eine ganz andere Problematik: Wie geht geht das Gericht damit um, dass die Bremer Verfassung ein Grundrecht der Willkür des Parlaments anheim gibt? Das Bundesverfassungsgericht hatte 2000 entschieden, dass der gleichberechtigte Zugang zum Körperschaftsstatus Bestandteil der Religionsfreiheit ist. Die Bremer Verfassung macht aus diesem Grundrecht eine "Kann"-Bestimmung (§61 der Verfassung), die vom Parlament je nach Gutdünken als Privileg verliehen werden kann oder auch nicht. Das Bremer Recht sieht darüber hinaus (folgerichtig) keinen Rechtsweg gegen diese Entscheidung vor.
Diese beiden Punkte widersprechen dem Grundgesetz ziemlich eindeutig, wie ich schon einmal vor der Entscheidung des Gerichts behaupten kann. Der erste Punkt ist dabei kein großes Problem, da das Land Bremen sich auch an die weitergehende Bestimmung des Grundgesetzes halten muss, wonach der freie Zugang zum Körperschaftsstatus Grundrecht und damit eine "Muss"-Bestimmung ist.
Interessant wird es beim zweiten Teil. Das Bundesverfassungsgericht überprüft (normalerweise) keine Tatsachenfragen sondern nur Gesetzesfragen. Es wird also wahrscheinlich nicht darüber entscheiden, ob die Vorwürfe des Parlaments gegen die Zeugen Jehovas gerechtfertigt sind und ob diese eine Nichtanerkennung rechtfertigen. Aber es wird mit Sicherheit etwas dazu sagen, dass Zeugen Jehovas nicht gegen die Entscheidung klagen werden. Die interessante Frage lautet daher eigentlich: "Wird das Bundesverfassungsgericht das Land Bremen einfach verpflichten, einen Rechtsweg für diese Frage durch ein Gesetz herzustellen (und damit dem Land die Möglichkeit geben, weitere verfassungsmäßige Tricks aus dem Ärmel zu ziehen) oder wird es gleich einen Rechtsweg vorschreiben oder wird es die Vorwürfe selbst prüfen?" und "Wird das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entscheiden, dass die Anerkennung des Körperschaftsstatus als Verwaltungsakt nicht von einem Parlament entschieden werden kann, oder wird es nur die Art und Weise der Entscheidung in Bremen für nicht verfassungskonform erklären?"
Wir haben noch einige Zeit, bis uns das Gericht die Antwort auf diese Fragen geben wird. Bis dahin müssen wir und gedulden.
Eine Anmerkung am Schluss: Ein Kommentator hat weiterhin nicht verstanden, was der Körperschaftsstatus mit der Glaubenslehre zu tun hat und stellt daher die Frage:
Die komplette Geschichte des Antrags in Bremen zum Nachlesen.
Denn die Zeugen Jehovas haben im Juni 2011 Verfassungsbeschwerde eingereicht, um auch in Bremen als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt zu werden. „Ob das Bundesverfassungsgericht das Bremer Parlament jedoch zwingen kann, ein Gesetz zu verabschieden, ist eine spannende Frage“, sagt auch Grünen-Fraktionschef Güldner.Vermutlich weiß auch Güldner, dass das Bundesverfassungsgericht selber keine Gesetze machen kann und daher auch nicht den Parlamenten diktieren kann, irgendwelche Gesetze zu machen. Deswegen ist die gestellte Frage überhaupt nicht spannend.
Spannend ist eine ganz andere Problematik: Wie geht geht das Gericht damit um, dass die Bremer Verfassung ein Grundrecht der Willkür des Parlaments anheim gibt? Das Bundesverfassungsgericht hatte 2000 entschieden, dass der gleichberechtigte Zugang zum Körperschaftsstatus Bestandteil der Religionsfreiheit ist. Die Bremer Verfassung macht aus diesem Grundrecht eine "Kann"-Bestimmung (§61 der Verfassung), die vom Parlament je nach Gutdünken als Privileg verliehen werden kann oder auch nicht. Das Bremer Recht sieht darüber hinaus (folgerichtig) keinen Rechtsweg gegen diese Entscheidung vor.
Diese beiden Punkte widersprechen dem Grundgesetz ziemlich eindeutig, wie ich schon einmal vor der Entscheidung des Gerichts behaupten kann. Der erste Punkt ist dabei kein großes Problem, da das Land Bremen sich auch an die weitergehende Bestimmung des Grundgesetzes halten muss, wonach der freie Zugang zum Körperschaftsstatus Grundrecht und damit eine "Muss"-Bestimmung ist.
Interessant wird es beim zweiten Teil. Das Bundesverfassungsgericht überprüft (normalerweise) keine Tatsachenfragen sondern nur Gesetzesfragen. Es wird also wahrscheinlich nicht darüber entscheiden, ob die Vorwürfe des Parlaments gegen die Zeugen Jehovas gerechtfertigt sind und ob diese eine Nichtanerkennung rechtfertigen. Aber es wird mit Sicherheit etwas dazu sagen, dass Zeugen Jehovas nicht gegen die Entscheidung klagen werden. Die interessante Frage lautet daher eigentlich: "Wird das Bundesverfassungsgericht das Land Bremen einfach verpflichten, einen Rechtsweg für diese Frage durch ein Gesetz herzustellen (und damit dem Land die Möglichkeit geben, weitere verfassungsmäßige Tricks aus dem Ärmel zu ziehen) oder wird es gleich einen Rechtsweg vorschreiben oder wird es die Vorwürfe selbst prüfen?" und "Wird das Bundesverfassungsgericht grundsätzlich entscheiden, dass die Anerkennung des Körperschaftsstatus als Verwaltungsakt nicht von einem Parlament entschieden werden kann, oder wird es nur die Art und Weise der Entscheidung in Bremen für nicht verfassungskonform erklären?"
Wir haben noch einige Zeit, bis uns das Gericht die Antwort auf diese Fragen geben wird. Bis dahin müssen wir und gedulden.
Eine Anmerkung am Schluss: Ein Kommentator hat weiterhin nicht verstanden, was der Körperschaftsstatus mit der Glaubenslehre zu tun hat und stellt daher die Frage:
Hätte Jesus weltliche Gerichte bzw. das System der Dinge dieser Welt mit allen Mitteln bemüht, eine Anerkennung dieser Welt zu erlangen? Predigte nicht Jesus eindeutigt, kein Freund "dieser Welt" zu sein?Dabei vergisst er, dass das Bundesverfassungsgericht bereits vor zwölf Jahren entschieden hat, dass der Körperschaftsstatus eine größere Freiheit der Religionsgemeinschaft vom Staat bewirkt und nicht eine eine größere Nähe, Zusammenarbeit oder engere Freundschaft. Aber das wissen wir hier auf diesem Blog schon länger.
Die komplette Geschichte des Antrags in Bremen zum Nachlesen.
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