Dienstag, 15. März 2011
Zeugen Jehovas klagen gegen Baden-Württemberg
Nachdem vor zwei Wochen bereits eine Klage gegen Rheinland-Pfalz eingereicht wurde (weitere Details hier), wurde gestern bekannt, dass Zeugen Jehovas jetzt auch Baden-Württemberg verklagen, ihnen die Zweitanerkennung als K.d.ö.R. zu verleihen. Im Februar hatte die Landesregierung einen entsprechenden Antrag der Religionsgemeinschaft abgelehnt.

Die Pressemitteilung der Religionsgemeinschaft:
Jehovas Zeugen klagen gegen das Land Baden-Württemberg
Ablehnung der Zweitverleihung der Körperschaftsrechte nicht nachvollziehbar


Selters/Taunus — Jehovas Zeugen in Deutschland haben beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen das Land Baden-Württemberg eingelegt. Nachdem sie im Jahr 2006 den Rechtsstatus einer Körperschaft des öffentlichen Rechts im Rahmen eines Präzedenzverfahrens erhalten hatten, war die Bestätigung für das Land Baden-Württemberg genauso beantragt worden wie auch für die übrigen Bundesländer. Entgegen der mit den anderen Bundesländern getroffenen Absprache wurde der Antrag nun abgelehnt. Hiergegen richtet sich die nun eingelegte Klage.

In Anbetracht der nach umfangreicher Prüfung getroffenen klaren Aussage des zuständigen Kultusministeriums, dass die Körperschaftsrechte zu bestätigen sind, ist dieser völlig überflüssige Rechtsstreit unverständlich. Werner Rudtke, Sprecher des Zweigkomitees (Präsidiums): „Das versteht kein Mensch! Das Land anerkennt in seinem Bescheid an uns ausdrücklich, dass wir mit der Erstverleihung der Körperschaftsrechte durch den Berliner Senat ‚die Rechtsfähigkeit im gesamten Bundesgebiet erlangt‘ haben – und damit auch in Baden-Württemberg. Trotzdem zwingt man uns erneut vor Gericht.“ Mit der Ablehnung will das Land verhindern, dass in Baden-Württemberg „Hoheitsrechte“ ausgeübt werden: Kirchensteuern von den Mitgliedern, kirchliche Stiftungen, eigene Friedhöfe. „Immerhin wird dadurch bereits jetzt deutlich, dass unsere örtlichen Versammlungen als Gliederungen der Bundeskörperschaft in Baden-Württemberg seit 2006 an dem Körperschaftsstatus partizipieren und wir im Land von vielen anderen Rechten Gebrauch machen können“, so Gajus Glockentin, Justitiar der Religionsgemeinschaft.

In den vergangenen Monaten hat sich die Politik mit der Ablehnung des Antrags gegen die Verwaltung durchgesetzt, die sich – nach über vierjähriger Prüfung – zur Verleihung verpflichtet sah. Die angeblich mangelnde Rechtstreue begründet man nun mit den gleichen Vorwürfen, die bereits in den Präzedenzverfahren ausgeräumt worden sind. „Durch das Wiederholen von Vorwürfen werden diese nicht richtiger“, so Rudtke. „Seit über 100 Jahren sind wir auch in Baden-Württemberg als unbescholtene Bürger bekannt. Kurioserweise ehrt das Land Baden-Württemberg seit Jahren die Zivilcourage der Zeugen Jehovas während der NS-Zeit. In den letzten Jahren gab es weit über 100 Veranstaltungen und Ausstellungen. Auch durch Stolpersteine und Gedenktafeln wird daran erinnert. Dabei war es gerade ihr Glaube, der Jehovas Zeugen den Mut für diese Haltung gab, obwohl die Verfolgung im ‚Dritten Reich‘ dazu führte, dass Familien auseinandergerissen wurden und viele im KZ starben.“
Das Land hat damit eine paradoxe Situation geschaffen, in der Zeugen Jehovas zwar als K.d.ö.R. handeln können aber nicht anerkannt sind.

Was steht in der Presse? Der SWR und T-Online haben jeweils einen Kurzbericht ohne zusätzliche Infos.

Sobald es Hintergrundinformationen gibt, melde ich mich wieder zum Thema.
Stand der Anerkennung am 14.03.2011
grün: Zeugen Jehovas anerkannt
rot: Anerkennung abgelehnt
gelb: Entscheidung steht noch aus
blau: Klage eingereicht
(Stand 14.03.2011)

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